Das Obermünsterviertel
Regensburg ist laut einer Studie des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft „seit zehn Jahren die heißeste Stadt in Bayern“. Der Klimawandel verschärft die Situation radikal. Die Stadt muss wieder grüner und lebenswerter werden. Vor fast 20 Jahren begannen umfangreiche Vorbereitungen für das „Sanierungsgebiet Obermünsterviertel“. Passiert ist nichts. Wir wollen erreichen, dass das Obermünsterviertel zu einem Vorzeigequartier wird, das den Erfordernissen des Klimawandels in unserer Stadt gerecht wird, damit sich Regensburgerinnen und Regensburger, ob sie nun dort wohnen, verkaufen, Gaststätten betreiben, arbeiten oder hindurch schlendern, trotz völlig veränderter klimatischer Bedingungen sich wohlfühlen können. Um dies zu verwirklichen, muss das Quartier mit Bäumen, Sträuchern und Blumen begrünt werden, sollen Brunnen sprudeln und müssen der fließende und der stehende Verkehr auf ein Minimum reduziert werden.
Stellungnahme:
Eine grüne Oase mitten in der Altstadt.
Das Obermünsterquartier soll aufblühen!
Die Altstadt von Regensburg ist „Spitzenreiter bei den Hitzetagen, das ergibt eine Studie auf Basis von Daten des Deutschen Wetterdienstes“, und „Viele Menschen sehnen sich nach mehr Grün und Wasser in Regensburg“ (Zitate nach Juliane Ried, in: Mittelbayerische Zeitung vom 15. Juli 2022). Eine Studie des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft hat bestätigt, dass Regensburg die heißestes Stadt in Bayern ist: „Die meisten Hitzetage pro Jahr in Bayern gab es in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt in Regensburg“ (www.gdv.de/de/medien/aktuell/zahl-der-hitzetage-seit-den-1950er-jahren-mehr-als-verdreifacht-71110). Die dichte Bebauung, die gepflasterten Straßen und Plätze sowie Autos speichern die Sonneneinstrahlung und lassen die Temperaturen so hoch ansteigen, dass immer mehr Menschen dadurch gesundheitlich beeinträchtigt werden. Der Klimawandel verschärft die Situation radikal, so dass wir Bürgerinnen und Bürger unter immer häufigeren und kaum erträglichen Hitzeperioden leiden werden. Das wird auch Auswirkungen auf den Tourismus haben.
Jetzt müssen dringend Planungen aufgegriffen werden, die vor mehr als 15 Jahren begannen, aber bis heute nicht realisiert sind! Es handelt sich um das „Sanierungsgebiet Obermünsterviertel“, das seit 2007 vom Amt für Stadtentwicklung vorbereitet und jahrelang unter Beteiligung aller Anwohner und mit der Einrichtung eines eigenen Quartiersbüros geplant wurde. Doch hat die Stadt Regensburg das Projekt im Jahr 2013 unmittelbar vor der Umsetzung gestoppt. Vorher gab es noch eine großartige Idee: Da das Parkhaus Petersweg wegen Baufälligkeit abgebrochen und neu errichtet werden musste, erweiterte man die Zahl der Stellplätze im Neubau von 460 auf 560. Damit wollte man Obermünsterstraße und Obermünsterplatz vom ruhenden Verkehr entlasten, denn hier „werden rund 100 Stellplätze entfallen, die zu einem großen Teil in das neu zu errichtende Parkhaus St. Peters-Weg verlegt werden“ (siehe Stadt Regensburg, „Obermünsterviertel“ – Vorbereitende Untersuchungen, Regensburg 2011, S. 31). Zudem sollten den Anwohnern reservierte Bewohnerstellplätze im Parkhaus zugewiesen werden.
Als 2014 das Parkhaus seine Pforten öffnete, passierte nichts! Die Stadt hatte das Sanierungsgebiet Obermünsterviertel bereits ad acta gelegt – kein einziger Bewohner- oder Parkschein-Stellplatz verschwand. Jetzt aber muss nach fast einem Jahrzehnt und angesichts des Klimawandels die Stadt endlich handeln!
Der Obermünsterplatz mit einer Fläche von fast 1.000 m² könnte unschwer entsiegelt und begrünt werden, um mit Rasenflächen, Bäumen, Blumen und Sitzbänken zum Verweilen einzuladen.
Obermünsterplatz, wie er heute aussieht
Foto: Achim Hubel
Ein Plan aus dem 18. Jahrhundert überliefert zudem auf dem heutigen Platz einen großen Brunnen, der bis zum Grundwasser gereicht haben muss und unter Umständen reaktiviert werden könnte (siehe Abbildung). In der Platzmitte entstand während des Zweiten Weltkriegs ein unterirdisches Löschwasser-Bassin, das sich teilweise vielleicht in einen Springbrunnen umfunktionieren ließe. Der Fantasie für den „Quartiersgarten Obermünster“ sind keine Grenzen gesetzt.
Grundriss, 3. Viertel 18. Jh., Ausschnitt Obermünsterplatz mit Brunnen (roter Kreis)
Bildnachweis: Bayerische Vermessungsverwaltung
Dieser Quartiersgarten soll auch die Obermünsterstraße einschließen, die nach der Entlastung vom Pkw-Verkehr im wahrsten Sinne des Wortes aufblühen würde. Die vorhandenen Freisitze zu beiden Seiten der Straße könnten dann erweitert und von den Bretterwänden befreit werden, die sie bisher vor den Autos schützen müssen. Man würde weitere Bäume pflanzen und Blumenbeete anlegen. Die Fußgänger und Radfahrer könnten sich frei bewegen, die Geschäfte würden ganz andere Frequenzen erleben. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass früher von der Oberen Bachgasse her eine Abzweigung des Vitusbachs als offener Bachlauf durch die Obermünsterstraße floss. Dieser Bach läuft heute verrohrt tief im Untergrund und könnte nachgebildet werden. Denkbar wäre die Anlage eines neuen Straßenbachs als Zitat des ursprünglichen Wasserlaufs; z.B. hat die die Stadt Freiburg im Breisgau ihre seit dem späten 12. Jahrhundert nachweisbaren „Bächle“ beim Wiederaufbau sorgfältig neu gefasst. Auf jeden Fall wäre dann das Obermünsterquartier eine zusätzliche „grüne Lunge“ und ein großer Segen für die Luftqualität in der Altstadt.
Mittlerweile hat sich das Verkehrsaufkommen dort katastrophal verdichtet. Die Obermünsterstraße ist die vom Pkw-Verkehr am meisten belastete Straße in der Altstadt (siehe CityTeam Standortmarketing, Frequenz-Erhebung Regensburg, September 2018, S. 14: 6.366 Pkws pro Woche, gegenüber 3.900 Pkws in der Gesandtenstraße oder 2.777 Pkws in der Ludwigstraße). Die Zahl der Fußgänger ist in der Obermünsterstraße dagegen sehr gering, mit 25.700 Passanten pro Woche gegenüber 95.500 in der Gesandtenstraße oder 83.500 in der Königsstraße (ebda. S. 7). Dabei ist festzuhalten, dass der unzumutbare Pkw-Verkehr in der Obermünsterstraße keineswegs durch die Anwohner erzeugt wird, sondern durch einen unendlichen Parksuchverkehr. Dessen Rangiermanöver behindern und verschrecken die Fußgänger, so dass diese das Obermünsterquartier nachweislich meiden.
Dabei ist das Parken auf den Plätzen mit Parkschein deutlich teurer als im Parkhaus: Ein Parkschein (Höchstparkdauer 2 Stunden) kostet für eine Stunde 2,00 € und für 2 Stunden 4,00 €, während im Parkhaus (Parkzeit unbegrenzt) für eine Stunde 1,00 € und für 2 Stunden 2,50 € verlangt werden; außerdem ist das Parkhaus fast nie voll belegt, so dass ein Stellplatz leicht zu finden ist. Dennoch quält sich der Parksuchverkehr ständig durch die Obermünsterstraße, um einen der 53 dortigen Parkplätze zu ergattern. Dabei nehmen die Autofahrer erhebliche Behinderungen in Kauf, da die Straße so eng ist, dass zwei Fahrzeuge im Gegenverkehr nicht aneinander vorbeikommen; deshalb muss ein Pkw entweder auf den schmalen Bürgersteig oder rückwärts fahren, um das andere Auto passieren zu lassen (siehe Fotos). Offensichtlich hat ein Teil der Kraftfahrer immer noch nicht registriert, dass das Parkhaus am Petersweg schon seit acht Jahren zur Verfügung steht.
Typische Situationen mit Gegenverkehr in der Obermünsterstraße
Fotos: Achim Hubel
Um die oben erwähnte, seit 2013 stagnierende Sanierung des Obermünsterquartiers wiederzubeleben, haben die Regensburger Vereine VCD und Transition Regensburg bereits am 22. Juli 2017 ein nicht kommerzielles Straßenfest in der Obermünsterstraße veranstaltet. Es trug den Titel „Grüne Korridore für Menschen“. Statt der Autos fanden die Bürgerinnen und Bürger gemütliche Sitzecken auf Rollrasen, Flächen für Kinderspiel, Akrobatik, Picknick und gemütliches Zusammensein bei Musik. Auch die damalige kommissarische Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und die Planungs- und Baureferentin Christine Schimpfermann nahmen an der Aktion teil und informierten sich vor Ort: „Beide bekräftigten, wie wichtig es sei, für eine lebenswerte Stadt mehr Platz für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sowie für spielende Kinder zu schaffen“ (Ole Kamm, VCD). Dennoch hat sich bis heute – fünf Jahre später – nichts geändert! Dazu kommen jetzt mehr denn je die Probleme des Klimawandels, so dass sich alle Menschen zusätzlich nach Grünflächen und Wasser in der Altstadt sehnen.
Unser Appell an die Verantwortlichen der Stadt Regensburg:
-
Schafft eine echte Fußgängerzone im Bereich Obermünsterstraße, Obermünsterplatz, Malergasse und Pfarrergasse (wie schon längst in der Königsstraße oder der Schwarze-Bären-Straße)!
-
Sorgt für ein absolutes Halteverbot in diesem Gebiet und weist für die Anwohner endlich die schon lange versprochenen Anwohnerparkplätze im Parkhaus Petersweg aus! Das kostet die Stadt nur ein paar Verkehrsschilder.
-
Und dann realisiert so schnell wie möglich einen Erholungspark auf dem Obermünsterplatz mit viel Grün, Bäumen und Wasser, und lasst die Obermünsterstraße aufblühen, vielleicht sogar mit einem wiederhergestellten Vitusbach!
Bezugnahme zu den vorbereitenden Untersuchungen der Stadt Regensburg
Demonstration
Das Obermünsterquartier blüht auf!
Von der Blechwüste zur Stadtoase
Demonstration am Freitag, 16. September 2022, 13.00 – 16.00 Uhr auf der Obermünsterstraße und dem Obermünsterplatz
Da wir uns als Hauptziel der künftigen Vereinsarbeit das Thema „Klimaschutz und Klimaresilienz“ vorgenommen haben, wollten wir mit einer Demonstration im Obermünsterquartier darauf hinweisen, dass die Stadt Regensburg von 2006 - 2013 mit großem Aufwand ein Sanierungskonzept entwickelt hatte, das nach der Fertigstellung der Parkhauses An Petersweg umgesetzt werden sollte.
Das Programm:
-
13.00 Uhr Beginn
-
13.15 Uhr Begrüßung und Statements (Prof. Dr. Peter Morsbach, Gerda Stauner, Prof. Dr. Achim Hubel, Joachim Buck)
-
Informationsstände der Altstadtfreunde e.V., der Sozialen Initiativen e.V., des VCD, von Bündnis 90/ Die Grünen, von Fridays for future und Omas for future Regensburg.
-
Ein Getränkestand der Sozialen Initiativen (alkoholfreie Getränke), ein Bücherflohmarkt, ein Trödelstand, eine Pflanzentauschbörse. Tische und Bänke zum Sitzen, Trinken, Diskutieren, Ausruhen…
-
Einladung zum Bewundern des in eine grüne Oase verwandelten Obermünsterviertels: der Obermünsterplatz mit Kunstrasenteppich und Pflanzen und Bäumen, die Obermünsterstraße mit einem schmalen blauen Läufer auf einer Straßenseite als Hinweis auf den unter der Straße fließenden Stärzenbach – und auch mit viel Grün auf allen Seiten!
-
14.00 Uhr Führung (Prof. Dr. Achim Hubel und Petra Bausch) durch die Ruine der Obermünsterkirche mit der Mercherdarch-Kapelle und dem einzigartigen Eremitorium von 1712 (aus dem ehem. Kapuzinerkloster)
-
15.00 Uhr Führung (Prof. Dr. Peter Morsbach) durch das Obermünsterviertel selbst und seine historische Entwicklung
-
Für Familien: ein großes Angebot für Kinder: eine Hüpfburg, Planschbecken, Spiele aller Art
-
16.00 Uhr Ende
Wie der Obermünsterplatz zukünftig aussehen könnte!
Computersimulation von Katharina Schaller
Die Veranstaltung fand ein reges, wenn auch unterschiedliches Presseecho. Wir haben aber damit ein Thema angesprochen, das angesichts der nahenden Klimakatastrophe den Bürgerinnen und Bürgern zunehmend auf den Nägeln brennt. Seitdem kocht das Thema immer wieder auf und wird von allen begrüßt – außer von der größten Fraktion im Stadtrat, die vor ihrer Zustimmung noch mehr Parkplätze einfordert, – als hätte die Stadt keine anderen Probleme!
Berichtserstattung
Der Traum von einer grünen Oase in der Stadt, Regensburger Zeitung, 17.09.2022
Hiobsbotschaft für Verkehrs-Aktivisten, Mittelbayerische Zeitung, 17.09.2022
Das Obermünsterviertel kaputt durch Tatenlosigkeit, regensburg-digital.de, 19.09.2022
Obermünsterviertel wird zur Kraftprobe, Mittelbayerische Zeitung, 17.10.2022
Obermünsterquartier, TVA, 10.09.2022