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Mitgliederrundschreiben Februar 2007


Regensburg, 02. Februar 2007



Liebe Altstadtfreunde,


es liegt ein bewegtes und für Regensburg in mancherlei Hinsicht folgenreiches Jahr 2006 hinter uns.


Personalia


Wir selbst feierten unser Vierzigjähriges – und Ende des letzten Jahres beging unser Gründungsmitglied Bernhard Bosse seinen Fünfundachtzigsten. In fünf Jahren erscheinen wir alle bei ihm!


Wir konnten auch wieder den Zugang etlicher neuer Mitglieder verzeichnen, worüber wir uns

sehr freuen.


Welterbe


Das beherrschende Thema war natürlich die Aufnahme Regensburgs in das Welterbe am 13. Juli 2006. Das gibt uns hoffentlich ein Instrument zu einem verbesserten und nachhaltigen Schutz der Altstadt in die Hand.


Die seit Jahren von der Bayerischen Staatsregierung betriebene Demontage der Denkmalpflege scheint in letzter Minute verhindert worden zu sein.


Am 18. Juli 2006, wenige Tage nach dem für Regensburg so entscheidenden Datum, beschloss das Bayerische Kabinett den „Gesetzentwurf zur Erweiterung und Erprobung von Handlungsspielräumen der Kommunen“. Kern dieses angeblich dem Bürokratieabbau dienenden Gesetzes ist, dass die Unteren Denkmalschutzbehörden künftig nach eigenem Ermessen – also nach Gutdünken – entscheiden können, ob sie das Landesamt für Denkmalpflege bei Denkmalfällen zu Rate ziehen.


Mit anderen Worten: Es sollen die Bürgermeister und Kommunen über Denkmalabbrüche und Zerstörungen eigenständig entscheiden können, ohne vorher, wie es das DSchG Art. 15

vorsieht, die dafür zuständige Fachbehörde zu hören. Die Konsequenzen sind absehbar: Künftig sollten also Abbrüche wieder je nach Lust und Laune möglich sein, wie vor dem Inkrafttreten des DSchG 1973. Was das bei der Denkmalfeindlichkeit vieler Kommunen bedeuten würde, kann man sich leicht ausmalen: Es würden wieder Abbrüche und Zerstörungen im gleichen Ausmaß wie in den 1950er und 1960er Jahren erfolgen.


Die Denkmalpflege in Bayern war seit 1973 eine Erfolgsgeschichte, vom Erhalt der Kulturlandschaft her, der Baukultur und der Bauwirtschaft her. In Bayern hängen nicht nur rund 100.000 Arbeitsplätze von der Denkmalpflege ab. Sondern jeder Euro Zuschüsse zieht auch rund 8 bis 11 Euro Investitionen nach sich. Die zahllosen Touristen kommen ja nicht wegen der Alpen nach Regensburg, sondern wegen der Altstadt, kommen nicht nur wegen des Königssees, Oberammergaus, der Wieskirche oder der Würzburger Residenz nach Bayern, sondern auch wegen der sonstigen rund 120.000 Baudenkmäler! Noch vor einigen Jahren gehörte die bayerische Denkmalpflege zu den wesentlichen Faktoren, die Bayern als Kulturstaat definierten.


Der Leiter der Staatskanzlei, Eberhard Sinner, engagierter Denkmalpflege-Feind, setzte sich in der SZ vom 23. August 2006 mit den bayerischen Bürokraten auseinander, die angeblich alles verteidigten, „als ginge es ums Weltkulturerbe“. Man fragt sich, welche Glaubwürdigkeit die Stoiber’sche Rede anlässlich des 30jährigen Jubiläums der Bayerischen Landesstiftung im Herbst 2002 haben soll, in der es um den Auftrag zum Denkmalschutz in Artikel 141 der Bayerischen Verfassung ging. Nach Ansicht des Bayerischen Verfassungsgerichts allerdings stellt der Denkmalschutz eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang dar.


Nachdem sich einflussreiche Befürworter im Sinne der Denkmalpflege ausgesprochen haben, hat auch die CSU-Fraktion im Landtag diesen Gesetzentwurf mit großer Mehrheit abgelehnt, sodass er auch im Landtag keine großen Chancen mehr haben dürfte.


Der ewige Donaumarkt


Das Jahr 2007 endete mit der dritten Ablehnung des RKKs am Donaumarkt. Die AF haben sich hierbei nicht eindeutig positioniert, obwohl Gegner und Befürworter das jeweils in ihrem Sinne massiv von uns forderten.


Jeder von uns hatte seine Meinung und vertrat diese auch, doch reichte das Spektrum von völliger Zustimmung bis zu völliger Ablehnung, sodass eine Stellungnahme des Vorstands für den gesamten Verein nicht möglich war. Diese Zurückhaltung wurde uns in der Öffentlichkeit positiv angerechnet. Was man nun von den AF zu Recht erwartet, ist eine eindeutige Stellungnahme zur Zukunft des Donaumarktes.


Wenn Sie es noch übers Herz bringen, die MZ aufzuschlagen, die sich in einer geradezu unverschämten Weise als „neutral“ bezeichnete, haben Sie gesehen, wie tief Stadtgesellschaft gespalten ist.


Eine Arbeitsgruppe des Forums Regensburg, an der auch die AF und der Architekten- und Ingenieursverein beteiligt sind, hat sich unter der Federführung des Architekten Dipl.-Ing. Bernd Jödicke schon 2005 Gedanken über eine künftige Bebauung und Nutzung des Donaumarktes gemacht und diese auch im Januar 2006 ausführlich mit der Planungs-referentin Christine Schimpfermann diskutiert.


Es geht um eine Wohn- und Geschäftsbebauung mit einer integrierten öffentlichen Nutzung.

Hierbei sind sowohl eine gute soziale Durchmischung, ein Nahversorgungszentrum für den Unteren Wöhrd und die östliche Altstadt als auch ein repräsentatives Entrée in die Altstadt für die wachsende Zahl an Schiffstouristen zu berücksichtigen.


Ganz wesentlich erscheint uns, dass das Thema „soziale Stadt“ auch auf dem Donaumarkt seine Anwendung findet. Dies kann z. B. durch eine entsprechend sensible Bebauung, die frühere Strukturen des Wohnviertels aufgreift, geschehen. Ein ausschließlich „privilegiertes Wohnen“ an dieser Stelle widerspräche nicht nur der Jahrhunderte alten Nutzung des Areals, sondern würde auch eine erstrebenswerte Wiedervereinigung der Ostenwacht mit der Altstadt geradezu konterkarieren – ein weiteres hochsensibles Thema, dem sich die Stadtgesellschaft stellen muss. Wir können nicht zulassen, dass sich eine in gewissen Teilen der Altstadt abzeichnende soziale Segregation vertieft wird.


Ein Versorgungszentrum darf sich nicht auf den Donaumarkt beschränken und sich im Wochenmarkt erschöpfen, sondern muss deutlich in die Ostengasse hineinreichen, um einerseits die Bedeutung einer der schönsten Straßen der Stadt wieder herauszustellen und andererseits die Verbindung zur Ostnerwacht auch strukturell wiederherzustellen. Es ist bedauerlich, dass nur die nördliche Ostengasse als Sanierungsgebiet ausgewiesen ist. Auch eine gesellschaftliche Nutzung darf bei der Wichtigkeit, die die Regensburger dem Donaumarkt ganz offensichtlich zumessen, nicht zu kurz kommen. Schließlich ist auch die dem Markt neu zugewachsene Bedeutung als Anlegeplatz für die Donaukreuzfahrtschiffe als ganz wesentlicher Gestaltungsfaktor zu berücksichtigen.


Über Details soll und kann jetzt noch nicht gesprochen werden. Die AF bieten sich als Gesprächs- und Diskussionsforum mit einer nicht zu unterschätzenden Öffentlichkeits-wirkung an. Wir sollten möglichst bald eine Veranstaltung zum Thema „Donaumarkt – was nun?“ in Angriff nehmen, um möglichst früh in die Diskussionen einzutreten, an denen die Bevölkerung zu beteiligen ist.


Das habe ich auch so dem Oberbürgermeister geschrieben, der nach Interesse an einem Gespräch zeigte. Frau Schimpfermann hat in ihrer Antwort betont, dass unsere Vorstellungen

mit denen der Verwaltung sich durchaus decken.


Es ist nicht unsere Aufgabe oder die des Forums, den städtischen Planern die Arbeit abzunehmen, sondern wir liefern Denkanstöße und mahnen, sowie es unsere Satzung vorschreibt.


Schmierereien in der Stadt


Was das Auge mehr und mehr ärgert, sind Schmierereien, die mittlerweile weit mehr als 150

Gebäude zieren und derzeit wieder massiv um sich greifen.


Unsere Beiratsmitglieder Dr. Thomas Götz und Prof. Dr. Herbert Brekle haben sich in einer Mini-Arbeitsgruppe dieses Themas angenommen, eine vorzügliche Dokumentation erarbeitet. Das Material liegt der Verwaltung vor und wir konnten das Thema bereits mit Christine Schimpfermann und Maximilian Raab vom Bauordnungsamt – wie immer in aller Einträchtigkeit – diskutieren.


Wir kamen soweit, dass das Thema auf die Tagesordnung einer Sitzung des Sicherheitsrates in der allernächsten Zeit gesetzt wurde.


Unterstützung erfahren wir unter anderem vom Haus- und Grundbesitzerverband, der sich unserer Anti-Graffiti-Aktion angeschlossen hat, da hier auch die Interessen vieler Betroffener vertreten werden.


Sie sehen also: es bleibt spannend in Regensburg.


In diesem Sinne zähle ich auf Ihr weiteres Engagement als Ihr



Dr. Peter Morsbach



Zum Schluss noch eine dringende Bitte des Schatzmeisters: Es sind noch immer nicht alle Mitgliedsbeiträge für 2006 eingegangen. Wenn Sie uns keine Vollmacht für einen Bankeinzug erteilt haben, überweisen Sie bitte den moderaten Beitrag von 15 Euro in den nächsten Tagen, am besten gleich zusammen mit dem Beitrag für 2007.

Vielen Dank für Ihr Verständnis!



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